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Handicap Reptilien - weil sie es verdienen zu leben!

Heute möchte ich mich einmal ausführlich zu Reptilien mit Handicaps äussern. Ich bin schon seit über 13 Jahren in der „Reptilien-Szene“ aktiv, damals noch in Internetforen und natürlich auch mit persönlichem Kontakt zu anderen Haltern und Züchtern von Reptilien. Tatsächlich kann ich mich nicht daran erinnern, dass mir jemals wirklich Tiere mit Handicap aufgefallen wären. Es war ja schon verpönt, wenn ein Gecko ein Schwanzregenerat hatte. Ich nehme an, dass Reptilien mit „Fehlern“ unter den Teppich gekehrt wurden oder sie direkt aufgegeben wurden (um das mal schön zu formulieren). Geschweige denn, dass man eine grössere Operation hätte machen

lassen oder überhaupt einen Tierarzt gefunden hätte, der dies gekonnt hätte.

Glücklicherweise haben sich die Zeiten geändert und die gesundheitliche Versorgung von Reptilien ist um einiges gewachsen und routinierter geworden.


Trotzdem scheinen sich viele noch nicht bewusst zu sein, dass Reptilien genau wie wir unter Schmerzen leiden. Regelmässig

stehen mir alle Haare zu Berge, wenn ich in Facebookgruppen Beiträge von nicht unerheblich verletzten Reptilien oder sonstigen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen zu sehen bekomme. Oft wird gewartet, bis das Tier eher tot als lebendig ist, bevor man dann überhaupt mal in einer Facebookgruppe (statt bei einem reptilienkundigen Tierarzt) nachfragt, was man denn da tun solle. Und sehr oft heisst es dann kurze Zeit später, dass das Tier verstorben sei (natürlich noch bevor man den Tierarzt aufsuchen konnte, weil man einen Termin erst in 5 Tagen wahrnehmen kann, weil man ja arbeitet und keine Zeit hat). Noch schlimmer, wenn dann statt „geh zum Tierarzt“ Kommentare noch andere herzlose Halter um die Ecke kommen: „Ach so einen angebissenen Schwanz hatte meiner auch mal, das heilt von allein, da musst du nicht extra zum Tierarzt.“ Ich würde mal sagen, lasst euch von eurem Hund den Finger abbeissen und kommt dann klar ohne Desinfektion, ohne Schmerzmittel, ohne Antibiotika – eben ohne Arztbesuch. Wenn ihr Glück habt, dann heilt die Wunde ab unter täglichen unerträglichen Schmerzen. Wenn ihr Pech habt, dann infiziert sich die Wunde und wenn ihr dann nicht zum Arzt geht, dann sterbt ihr an einer Blutvergiftung. Würde man das einem Menschen zumuten? Aber den Reptilien dann schon? Nur weil sie nicht schreien können, weil sie kein wehleidiges Gesicht machen können, weil sie weiterkämpfen, weil sie müssen. Wie kann es sein, dass so viele Menschen so wenig Empathie besitzen?


Gut, ich bin etwas abgeschweift – es gehört aber auch irgendwie zum Thema. Wenn wir uns bewusst sind, dass Reptilien genau so Schmerz empfinden wie wir und sie ein Recht auf eine angemessene tierärztliche Versorgung haben und wir sie nicht in ihrer Not im Stich lassen – dann „entstehen“ Handicap Tiere. Denn nur wenn wir uns eingestehen, dass sie ein Recht darauf haben, ein leidfreies Leben zu führen, werden sie angemessen behandelt. Und dazu gehört, dass ein angefressenes Körperteil allenfalls amputiert werden muss. Dass ein Knochen gerichtet wird. Dass eine Legenot operiert wird. Dass ein blindes Tier mit etwas Hilfe ein erfülltes Leben haben kann. Denn unsere Reptilien hadern nicht mit ihrem Schicksal, sie kommen klar mit ihren Beeinträchtigungen und wollen einfach ein schmerzfreies und leidfreies Leben führen. Manchmal brauchen sie dafür einen angepassten Lebensraum oder etwas Hilfe beim Fressen. Das ist aber noch lange kein Grund, ihr Leben zu beenden.


Aber dann kommen die anderen Stimmen um die Ecke: „Warum tut ihr das? Es gibt doch schon genug Reptilien die „gesund“ sind, warum sollen solche Tiere nicht einfach erlöst werden? Der ganze Aufwand ist finanziell und zeitlich doch viel zu gross, das bringt doch nichts.“

Aber wer sind wir, darüber bestimmen zu dürfen, wer leben darf und wer nicht? Wenn eine Behandlung, Genesung und ein annehmbares Leben möglich sind, warum sollten wir es nicht ermöglichen? Schlussendlich hat nicht das Reptil sich in diese Lage gebracht, der Mensch ist daran schuld. Der Mensch hat dieses Tier falsch gehalten oder falsch behandelt oder es nicht ausreichend geschützt. Wir massen uns an, andere Lebewesen in einem begrenzten Raum zu halten, sie teils so zu züchten, dass sie gesundheitliche Schäden und ein leidvolles Leben davontragen. Wir haben diese Lebewesen von uns abhängig gemacht und wir sind daher auch in der Verantwortung alles Mögliche dafür zu tun, dass sie ein leidfreies Leben führen können. Warum sollten also „gesunde“ Tiere mehr wert sein als ein „beschädigtes“ Tier? Wir massen uns mit Tierhaltung schon genug an, daher darf es definitiv keine Frage sein, ob sich der Aufwand lohnt, das Leben eines Reptils (oder anderen Tieres) zu retten.


Wir kämpfen also weiter, gerade für die Handicap Reptilien. Denn sonst tut es kaum jemand und bei uns sollen sie die Chance erhalten, die sie sonst nicht erhalten würden. Und dafür werden wir belohnt, denn es gibt nichts Schöneres, als zu sehen, wie sich ein Reptil von seinem Leid erholt und wie es dann das Leben führen kann, was es verdient hat.

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